Weinbau in Thüringen
Was häufig schon vergessen ist: Wein wurde einmal in ganz Südthüringen kultiviert, gekeltert und getrunken.
Im 14. und 15. Jahrhundert fehlten Weinstöcke fast nirgendwo im Werratal. Ein großer Teil der nach Süden oder Westen geneigten Hänge und Berge war mit ihnen besetzt. Nach den kleinen Eiszeiten und verheerenden Kriegen blieb davon allerdings nur der Weinbau an Saale und Unstrut übrig. Der Thüringer Wein war in guten Jahren oft unerwartet gehaltvoll, mithin im Allgemeinen besser als sein Ruf.
Die Wiege des Thüringer Weines liegt in Dorndorf an der Werra, in der Nähe von Bad Salzungen. Schon 786 soll es hier einen Weinberg gegeben haben, wie aus späteren Urkunden hervor geht. Frühere Belege sind nicht bekannt. Der Wein kam vor 2000 Jahren mit den Römern bis an den Rhein — und von da aus breitete sich der Weinbau weiter nach Osten und Norden aus. Zuvor trank die einheimische Bevölkerung meist Met — ein berauschendes Honiggebräu. 973 werden in einer kaiserlichen Urkunde Weinberge in Salzungen aufgeführt.
Im 12. Jahrhundert steht der Weinbau im Land in voller Blüte. Der Grund sind das Klima und die vielen Klostergründungen. Während heute die Klimaerwärmung eher gefürchtet wird, hat sie damals in Europa zu einem bemerkenswerten Aufschwung geführt. Man spricht vom mittelalterlichen Klimaoptimum, das um 900 begonnen und vor 1400 wieder geendet hat.
Im 12. Jahrhundert arbeiten sich außerdem Zisterziensermönche durch das Land und wo sie sich niederlassen, legen sie Klöster mit Weinbergen an. So in Stadtilm, in Paulinzella und in Reinhardsbrunn. Den Nonnen von Ichtershausen gehören immerhin 109 Acker Weinberge. Anfang des 14. Jahrhunderts gab es kaum ein Dorf in der Umgebung von Erfurt, in dem kein Wein angebaut wurde. 1603 werden in Arnstadt immerhin noch 183 Weinbauern gezählt.
Auch das hennebergische Städtchen Römhild hatte einen großen Teil seines bergigen Umlandes in Weinberge verwandelt. Ebenso wurde in Meiningen und Wasungen ausgiebig Weinbau auf sämtlichen umliegenden Höhen getrieben. Der Graf von Schwarzburg hatte einen Weinberg bei Blankenburg. Selbst in Rudolstadt gab es Weinberge. 1586 wurden hier 21 .300 Liter Traubensaft geerntet — allerdings war er ziemlich sauer, wie berichtet wird. Zu Thüringens ältesten Weinorten gehört auch das benachbarte Saalfeld.
Gegen Ende des 16. Jahrhunderts erreichte der Weinbau in Thüringen seinen Höhepunkt — danach ging es bergab. Die Verkehrswege waren immer besser ausgebaut worden und der Handel hatte einen rapiden Aufschwung genommen. Leute höherer Stände bevorzugten alsbald wohlschmeckendere Tropfen aus anderen Gegenden. Außerdem war das Klima wieder deutlich rauer und kälter — und damit ungünstiger für den Weinbau.
Viele Weinbauern stiegen vom Wein auf die Kartoffel, einem anspruchslosen aber nahrhaften Lebensmittel, um. Ackerbau wurde zunehmend einträglicher als Weinkultur.
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